Mittelständischer Bauernhof, Neppendorf vor 1945

An dieser Stelle soll Leopolds Ehefrau, Maria geborene Schnell, der Dank ausgesprochen werden, da sie die Handfertigkeit und Geduld ihres Mannes bei der Bastelarbeit schätzt und unterstützt.

Leopold Köber (geb. 1944) kam einmal in den frühen Morgenstunden der Gedanke, etwas für die nachfolgenden Generationen zu schaffen, dass unsere alte Heimat nicht so schnell vergessen wird. So entstand in ungefähr 600 Arbeitsstunden das Modell von Abbildung Nr.1.

Es ist der Raum auf dem oft drei Generationen gleichzeitig lebten und wirtschafteten. Da es keine soziale Absicherung gab, übernahmen die Kinder die Betreuung der älterwerdenden Eltern, während die Großeltern bei der Enkelbetreuung mithalfen. Auf diese Art wurde die Erfahrung aus der Landwirtschaft und dem Wirtschaftsleben auf dem Hof weiter gegeben.

Leopolds Bruder, Hans, hat Leopold bei seiner Arbeit einige Male zurechtgewiesen, wenn er meinte, dass er bei der Erstellung des Modells, die Verhältnismäßigkeit zwischen den einzelnen Gebäuden nicht eingehalten hätte.

Alle geschnitzten Teile (Hühner, Schweine, Pferde, Leiterwagen usw.) hat er aus Lindenholz, die 3510 Dachplatten aus hellem und dunklerem Furnier und die restlichen Teile aus Leim Holz gefertigt.

Das Neppendorfer Bauernhaus war giebelständig zur Straße ausgerichtet und bestand aus den Wohnräumen, unter denen der Keller lag und dem Dachboden. Der Eingang in das Wohnhaus erfolgte vom Hof aus über einen Treppenaufgang und führte in das „Haus“. Abbildung 2

Von diesem betrat man die zur Straße gelegene „vordere Stube“ und auf der anderen Seite die „hintere Stube“, die als Wohn- und Wirtschaftsraum diente. In diesem hinteren Raum wurde im Winter gekocht, gegessen und geschlafen. Die „vordere Stube“ wurde ehemals nicht bewohnt und diente nur als „gute Stube“ für Familienfeste wie Hochzeit, Taufe und Begräbnis. Immer aus dem „Haus“ kam man, geradeausgehend in die „Rußküche“, durch die der Rauch, aus dem Ofen der vorderen und der hinteren Stube, in den Rauchfang mündete. Dieser Rauchfang bildete gleichzeitig auch die Räucherstelle des Hauses, wo die eigenen Hausprodukte wie Speck und Bratwurst geräuchert wurden.

In dem Treppenaufgang, der auf den Dachboden führte befanden sich zwei kleine Fenster. Ein Fenster war gegen den hinteren Hof, das Zweite gegen den seitlichen Hof gerichtet. Wenn nun bei einer späten Stunde der Hund bellte, konnte der Hausherr durch diese Fenster hinausschauen und feststellen, was auf dem Hof passierte. Ebenfalls von diesem Treppenaufgang betrat man, dass zur Straße gelegene Seitenkämmerchen, welches in jedem Haushalt eine andere Verwendung fand.

Gleich hinter dem Gassentürchen, abgetrennt von einem Lattenzaun befand sich ein kleines Gärtchen. Da wuchsen und blühten ständig Blumen und Kräuter wie zum Beispiel: Bartnelken, Levkojen, Basilikum und Melissen. Diese hatten einen intensiven Geruch. Bevor die älteren Frauen am Sonntag zur Kirche gingen, pflückten sie von diesen Blumen, banden ein kleines Sträußchen und legten es zum Gesangbuch. Während des Gottesdienstes roch die ältere Frau öfters an diesem Blumenstrauß.

Neben dem Treppenaufgang, der in das „Haus“ führte, befand sich der Kellereingang. Im Keller wurde das Gemüse (Möhren, Petersilien usw.) an einer kühlen Ecke in den Sand eingelegt. Ebenfalls in den Keller lagerte man, die Kartoffeln, die schon beim Ernten in kleine Kartoffeln, Saatkartoffeln und große Kartoffeln getrennt wurden, ein. Gab es eine gute Kartoffelernte war der Keller oft zu klein. In diesem Fall wurde der Überschuß an Kartoffeln gleich an den Kartoffelverarbeitungsbetrieb, Amylon, in Hermannstadt verkauft. Hier wurde unter anderem Kartoffelzucker hergestellt, der ein Kinderleckerbissen war. Im Keller wurde im Herbst ein Krautbottich aufgestellt, in den Krautköpfe zum Sauerwerden eingelegt wurden, denn Schweinebraten mit Polenta (Palukes) und Sauerkraut war in Siebenbürgen ein Sonntagsessen.

Anschließend an das Wohnhaus folgte unter einem Dach mit den Stallungen der Wagenschuppen, wo der Wagen bei schlechtem Wetter abgestellt wurde.

In Abbildung 2 sind zwei Stalleingänge zu sehen. Ein Stall war für die Pferde vorgesehen und der zweite für die Kühe oder Büffelkühe. In Neppendorf wurden vor allem Büffelkühe gehalten. Die Büffelkühe gaben zwar weniger Milch als die Kühe, aber die Büffelmilch hatte einen viel größeren Fettgehalt. Da die Neppendorfer Hausfrauen aus der Milch Butter herstellten, die sie auf dem freien Markt in Hermannstadt zum Verkauf anboten, war es vorteilhafter Büffelkühe zu halten. Da auch damals die Leute glaubten sie sollten sich gesund ernähren, also fettarm, war die Büffelbutter nicht so begehrt. Die Büffelbutter war vom Aussehen her, etwas heller als die Kuhbutter. Diesem Übel auszuweichen wurde die Büffelbutter mit Karottensaft leicht gefärbt. Ab dann verkaufte sich die Büffelbutter genau so gut wie die Kuhbutter.

Der Dachboden der Stallungen war mit je einer Dachöffnung (Schuppenloch) vorgesehen. Durch diese Dachöffnungen wurde das Heu für den Winter eingelagert. Diese Dachöffnungen konnten nur mit Hilfe einer Leiter erreicht werden.

Da die Schlafräume für eine Großfamilie oft zu klein waren, schliefen die Burschen, nachdem sie eine Lehrstelle hatten, oft im Stall. Zu diesem Zweck wurde im Stall an einer Seitenwand ein Hochbett eingerichtet, welches nur mit einer Leiter erreicht werden konnte.

Vor dem zweiten Weltkrieg waren die meistgewählten männlichen Berufe Maurer oder Zimmermann.

Gegen die Hofseite endete das Dach des Stalles immer mit einem Vordach. Unter diesem Vordach bauten sich oft viele Schwalbenpaare ihr Nest. Das Schwalbengezwitscher gehörte einfach zu dem Bauernhof dazu.

Vor den Stallungen befand sich in unmittelbarer Nähe der Misthaufen. Abbildung 3. In Siebenbürgen gab es ein Sprichwort „Zeig mir deinen Mist, dann sag ich dir wer du bist“, das heißt es wurde geachtet, dass es rings um den Misthaufen sauber aussah und der Stallmist ordentlich gestapelt war. Der Misthaufen war gewöhnlich so angelegt, dass er von allen Seiten mit dem Leiterwagen angefahren werden konnte. Der Mist wurde im Herbst oder Frühjahr vor dem Pflügen des Ackerlandes ausgefahren.

In jedem Bauernhof, in Neppendorf gab es einen Ziehbrunnen. Die Ziehkette lief über ein Kettenrad und an jedem Kettenende war ein Wassereimer befestigt. Neben dem Brunnen befand sich der Brunnentrog. Hier wurden die Haustiere getränkt. Abbildung 3

An der hinteren Giebelwand des Stalles befand sich der Holzschuppen. Abbildung 4. Das Brennholz wurde sowohl zum Kochen als auch zum Heizen verwendet. Das notwendige Brennholz wurde gewöhnlich im dorfeigenen Wald gefällt, aber nur nachdem der zuständige Förster die zu fällenden Bäume gekennzeichnet hatte. Das gefällte Holz wurde anschließend zuhause in Meterstücke gesägt, gespalten und klaftermäßig geschlichtet. Ein Klafter war in Siebenbürgen, ein Holzstapel von zwei Meter Länge, zwei Meter Höhe und ein Meter Tiefe. Ofenfertig wurde das Brennholz von einem im Ort wohnenden Besitzer einer Brennholzschneidmaschine geschnitten und oft auch vor die Stallungen geschlichtet. Abbildung 4. Äste und Kleinholz wurden gebündelt, getrocknet und bei dem Aufheizen des Backofens beim wöchentlichen Brotbacken verwendet.

Zwischen Holzschuppen und Scheune folgte ein freier Raum und das deshalb, weil im Falle eines Brandes das Feuer von der Scheune nicht leicht auf die Stallungen übergreifen konnte.

Vor der Scheune, auf der Hofseite befand sich der Geräteschuppen. Im Geräteschuppen waren die landwirtschaftlichen Geräte (Pflug; Egge, Maissähmaschine usw.) untergebracht.

Die Scheune, Abbildung 2, war gewöhnlich eine Holzkonstruktion und diente der Aufbewahrung für die Viehfuttermittel Heu und Grummet. Im Hochsommer, nachdem die Halmfrüchte (Weizen, Gerste, Hafer) geschnitten wurden, blieben die Garben noch eine Zeit auf dem Acker. Dann wurden sie in die Scheune eingefahren und gedroschen. Getreideernte bedeutete früher Schwerstarbeit, in die alle Familienmitglieder einbezogen waren. Im Sommer wurde die Scheune, wenn die Eltern bei der Feldarbeit waren, oft zum Spielplatz der Kinder, da konnte man gut nach oben und nach unten klettern. Oft hatten auch damals die Kinder einen Schutzengel. Hinter der Scheune gab es den Gemüsegarten, wo Zwiebeln, Möhren, Petersilien usw. angebaut wurden. Ebenfalls war auch genügend Platz für Obstbäume und nach dem Getreidedreschen für den Strohschober. In keinem Garten fehlten die Butterstangenbohnen, die mit einem Stück Bauchspeck die Zutaten für ein gutes Abendessen lieferten.

Auf der Dachspitze der Scheune, an der linken oder rechten Giebelseite, baute sich oft ein Storchenpaar ein Storchennest. Das Storchennest gehörte zur Siebenbürgischen Landschaft dazu, denn die Störche fanden oft in unmittelbarer Gegend sumpfiges Gebiet, woher sie die Nahrung für ihre Nachkommen besorgten.

Da der Bauer zu der Zeit, Selbstversorger war, gehörte in jeden Bauernhof ein Schweinestall. Abbildung 5. Der Schweinestall war gewöhnlich eine Holzkonstruktion, bestehend aus einem mit Türchen versehenen überdachten Raum, in dem die Schweine übernachteten und einem nicht abgedeckten Raum, in dem sich der Futtertrog befand. Der ganze Schweinestall war auf einer Betonplatte aufgebaut. Jede Bauernfamilie züchtete für den Eigenbedarf gewöhnlich zwei Schweine. Da früher meistens mit Schweineschmalz gekocht und gebraten wurde, wurde das erste Schwein vom Schweineschlachter enthäutet und nachdem das Schwein komplett zerlegt war, wurde der Speck dieses Schweines zu Schmalz geschmolzen. Das zweite Schwein wurde nach dem Stechen in heißem Wasser gebadet, die Borsten so gut wie möglich mit trichterförmigen Schabern entfernt, die restlichen Borsten mit Stroh abgefackelt und gewaschen. Von diesem Schwein wurde der Speck kräftig eingesalzen, gewöhnlich in der eigenen Räucherkammer geräuchert und anschließend mit Paprikapulver belegt. Danach wurden die beiden Speckhälften auf dem Dachboden zum Durchfrieren aufgehängt. Wenn die ersten Frühjahrssonnenstrahlen sich bemerkbar machten, wurden die Speckhälften vom Dachboden in die Speisekammer verlegt, die sich gewöhnlich an der Nordseite des Wohnhauses befand. Jede Speisekammer war mit Durchzugöffnungen vorgesehen. So blieb der Speck schön weiß und bildete zusammen mit dem Schweineschmalz die Grundnahrungsmittel der Bauernfamilie.

Die restlichen mitgefütterten Schweine wurden auf dem freien Markt zum Verkauf angeboten.

Nachdem das Schweineschlachten vorbei war, folgte das Seifekochen. Jeder Haushalt kochte seine eigene Seife. Zur Herstellung von Seife benötigte man: einen emaillierten gusseisernen Topf, Fettstoffe, (Abfälle vom Schweineschlachten), Wasser, Laugenstein und Salz. Das Salz wird zum Schluss, solange in den Seifenleim gestreut, bis sich die überschüssige Lauge von der fertigen Seife trennt und absetzt. Nach etwa drei Stunden Kochzeit, bei kleinem Feuer und behutsamem Umrühren war die Seife fertig gekocht. Am nächsten Tag wurde sie aus dem Topf herausgenommen, in Stücke geschnitten und gewöhnlich auf dem Dachboden aufbewahrt.

Die Wäsche wurde grundsätzlich von Hand gewaschen, dass ebenfalls eine schwere Hausfrauen Arbeit war. Heute ist es unvorstellbar die Wäsche von Hand zu waschen.

Über dem Schweinestall, mit einer seitlichen Hühnertreppe versehen, siehe Abbildung 5 befand sich der Hühnerstall. Fast an jedem Sommersonntag wurde ein Huhn geschlachtet. Wenn die Hausfrau das Messer wetzte, um das Huhn zu schlachten, kam die Hauskatze dazu, denn sie wusste, sie erhält auch einen Leckerbissen. Der Hahn des Hauses wurde gewöhnlich am Michaelistag, 29. September, geschlachtet, denn bis zu diesem Datum war sein Vertreter schon nachgewachsen.

Immer auf Abbildung 5 ist das „stille Örtchen“ genannt Plumpsklo (Abort) zu sehen.

Auf Abbildung 6 ist der Maiskolbentrockner dargestellt. Neben Halmfrüchten und Kartoffeln wurde in großen Mengen auch Mais angebaut. Auf den Maisfeldern wurden gleichzeitig auch Bohnen und Futterkürbisse angepflanzt. Im Herbst wurden die Maiskolben von dem Maisstengel getrennt geerntet. Die Maiskolben kamen in den Maiskolbentrockner. Nach einer geraumen Zeit und auch nach Bedarf wurden die Maiskörner gewöhnlich vom Maiskolben von Hand abgeribbelt. Das Maismehl war nicht nur für die Viehzucht und Schweinefütterung ein wichtiges Nahrungsmittel sondern auch im Haushalt jeder Bäuerin fand es reichlich Verwendung. Aus dem Maismehl wurde Polenta (Palukes) gekocht und mit Milch, Käse oder als Beilage zu einem Essen serviert.

Zu jedem Bauernhof gehörte eine Sommerküche. Abbildung 1. In der Sommerküche spielte sich von Frühjahr bis Herbst das Leben auf dem Bauernhof ab.

In der Sommerküche war oft der Backofen untergebracht. Einmal in der Woche wurde Brot gebacken. Brotbacken war wichtige Hausfrauen Arbeit. Der Teig musste geknetet werden. In jeden Brotteig wurden zerdrückte gekochte Kartoffeln beigemengt, dadurch blieb das Brot lange Zeit frisch und mild. Das richtige Heizen des Backofens bestimmte unter anderem die Qualität des Brotes. Das fertig gebackene Brot hatte eine schwarze Kruste, die wurde mit Hilfe eines Stockes abgeklopft und anschließend im Keller kühl gelagert. Für uns Kinder war das frisch gebackene Brot, bestrichen mit Schweineschmalz und grünem Zwiebel, das beste Essen.

Jeder Bauernhof war in Siebenbürgen eine geschlossene Einheit. Der Bretterzaun der den Hof gegen die Straße und gegen den Nachbarn abgrenzte war so hoch, dass ein vorbeigehender Bürger nicht in den Hof hineinschauen konnte. Auf der Straßenseite, anschließend an das Wohnhaus war oft eine Sitzbank eingerichtet. Hier trafen sich, im Sommer, sonntags nachmittags, die älteren Frauen, bei einem Plauderstündchen. Man erfuhr hier unter anderem, wer im Dorf noch begraben wurde, wer noch geheiratet hatte, oder Sonstiges.

Ging aber ein frisch vermähltes Ehepaar vorbei, informierten sich die neugierigen „Beobachterinnen“ schon, ob die junge Frau schon schwanger sei. Wenn aber ein Junger nichtverheirateter Bursche, oder ein nichtverheiratetes Mädchen vorbei kam, dann wurde gefragt, „mit wem geht er“? „Oder mit wem geht sie“? Dieses Plauderstündchen wurde gewöhnlich mit dem Heimkehren der Dorfherde beendet.

Im Dorf, ganz gleich ob man sich kannte oder nicht, grüßten die jüngeren die älteren Dorfbewohner mit “Gott helf ich“ oder „Gott helf eng“, denn es galt das Sprichwort: „ Grüßen ist Höflichkeit, danken ist Pflicht“

Geschichtlich gesehen, wurde Neppendorf urkundlich im Jahre 1327 das erste Mal erwähnt. Im Laufe von Jahrhunderten ist es zur größten Landgemeinde Siebenbürgens geworden. Im Jahre 1941 hatte es, laut Siebenbürger Lexikon 4004 Einwohner, davon waren 3363 Deutsche. Laut Renate Bauinger-Liebhart ist die Kirchgasse die älteste Gasse Neppendorfs. Die zweit älteste Gasse ist die Weingasse, gefolgt von der Hintergasse, dem „Hundsrücken“ dem Königsgässchen usw. Dem zu Folge hat sich der Baustiehl der Bauernwirtschaften, der Zeit in der sie gebaut wurden, angepasst. Der oben beschriebene Bauernhof befand sich in der Kirchgasse HNr. 521.

Dieses Bauernhofmodell wird demnächst im Landlermuseum in Bad Goisern einen Platz erhalten, wo das Modell der Neppendorfer Heimatkirche seit einigen Jahren steht.

Michael und Marianne Fleischer,
Schwabmünchen

Zurück